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Erfolgsfaktoren des Lernens

Erfolgsfaktoren, die Lernende beeinflussen können

Erfolgsfaktoren gibt es einige beim Lernen. Manche können wir beeinflussen – andere nicht. Es lohnt sich, den Fokus darauf zu legen, was wir in der Hand haben!

«Bei so einem blöden Lehrer kann ich ja nicht lernen!» «Im Unterricht ist es immer so laut, wie soll man sich da konzentrieren?» «So ein doofes Thema. Ich sehe überhaupt nicht ein, warum ich das lernen sollte!» Einige der Klagen, die ich in meiner Lernpraxis zu hören bekomme, sind wahrscheinlich berechtigt. Es gibt Begleitumstände des Lernens, die wir nicht beeinflussen können. Das bedeutet aber nicht, dass sämtliche Faktoren, die zum Lernerfolg beitragen, ausserhalb unserer Macht stünden.

Was kannst du beeinflussen?

Wenn Lernende dazu neigen, die Gründe für ihren Misserfolg komplett äusseren Umständen zuzuschieben, ist es nützlich, ihren Horizont zu erweitern. Es gibt durchaus Faktoren, die sie gestalten können!

Der deutsche Bildungsforscher Gerhard Roth zählt sechs Erfolgsfaktoren auf, die sowohl von der Wissenschaft als auch von der Praxis bestätigt wurden:

  • Die Persönlichkeit des Lehrenden: Glaubwürdigkeit, Kompetenz und Feinfühligkeit;
  • die Persönlichkeit des Lernenden: Intelligenz, Leistungsbereitschaft, Motivation und Fleiss
  • Vorwissen und Anschlussfähigkeit des Stoffes
  • Qualität und Strukturiertheit des Unterrichts
  • Aufmerksamkeit und Anstrengung
  • Wiederholung des Stoffes

Schauen wir doch mal im Einzelnen, was das für Lernende bedeutet:

Erfolgsfaktoren, die Lernende kaum beeinflussen können:

  • Persönlichkeit des Lehrenden. Hand aufs Herz: Ja, es gibt Lehrpersonen, die ganz offensichtlich den Beruf verfehlt haben. Genauso, wie es schlechte Busfahrer oder unbegabte Bäckerinnen geben mag. Natürlich ist Inkompetenz oder auch ein Mangel an Feinfühligkeit bei Lehrpersonen besonders gravierend. Schliesslich haben sie einen grossen Einfluss auf die Schulzeit unseres Nachwuchses. Die renommierte Hattie-Studie hat eindrücklich gezeigt, wie wichtig Lehrpersonen sind. Doch leider ist es auch eine Tatsache: Manchmal müssen wir damit leben, dass wir gewissen Personen nicht aus dem Weg gehen können. Immerhin mag es uns in Schule und Ausbildung trösten, dass die Zeit, die wir mit ihnen verbringen müssen, begrenzt ist.

Tipp: Verliere keine unnötige Kraft mit Kleinkriegen – konzentrier dich auf das, was du beeinflussen kannst!

  • Qualität und Strukturiertheit des Stoffes. Auch diese Erfolgsfaktoren liegen fast ganz in der Hand der Lehrpersonen. Ich habe über die Jahre eine Art «Gruselkabinett» der unübersichtlichsten Arbeitsblätter angelegt, die mir meine Klienten gezeigt haben. Es sind nicht wenige. Und sie sind auf allen Altersstufen anzutreffen: von der ersten Klasse bis zur Universität. Wer selber nicht so gut organisiert ist, ist hier klar im Nachteil. Oftmals lohnt es sich, externe Hilfe in Anspruch zu nehmen, um Ordnung und Struktur ins Lernen zu bringen. (Das braucht in der Regel nicht sehr viel. Rufen Sie mich an, ich erkläre gerne, wie ich mit Lernenden Arbeitstechnik trainiere!)

Tipp: Je chaotischer Material und Unterricht, desto mehr müssen Lernende selber für Übersichtlichkeit, Ordnung und Struktur sorgen.

Was teilweise beeinflussbar ist:

  • Vorwissen und Anschlussfähigkeit des Stoffes. Was ist damit gemeint? Wenn ich nicht weiss, was Parteien sind, verstehe ich nicht, wie unser Parlament funktioniert. Wenn ich nicht weiss, was ein König ist, kann ich mir unter Lehenswesen nichts vorstellen. Unser Gehirn ist nicht einfach eine Box, in die wir Informationen hineinpacken wie Kleider in einen Koffer. Viel passender ist das Bild einer Art Spinnennetz, bei dem an einzelnen Punkten immer mehr Fäden angeknüpft werden. So wird das Netz immer vielfältiger und grösser.
    Viel Vorwissen erhalten wir bereits vor der Schule – durch Erlebnisse, Besuche im Zoo oder auch einfach durch das, worüber am Mittagstisch gesprochen wird. Wenn ein Thema oder Lernstoff als besonders schwierig empfunden wird, ist es deshalb oftmals nützlich, auf andere Medien auszuweichen: eine Dokumentation, ein Lernvideo, ein einfach geschriebenes Sachbuch oder eine Fachzeitschrift. Kurz: Alles, was den Zugang erleichtert. (Ich bin Fan der Sachbuchreihe «…für dummies». Darin werden komplexe Sachthemen oder ganze Fächer so einfach und mit Humor erklärt, dass sogar ich sie verstehe, oder eben: dummies 😉 Kein Wunder, dass die Reihe Millionenauflagen erreicht.)

Tipp: Zu schwierig? Mach es dir einfacher! Suche Erklärungen, die du verstehst. Frag jemanden. Wechsle das Medium.

Erfolgsfaktoren, die Lernende ganz in ihrer Hand haben:

  • Persönlichkeit. Die menschliche Persönlichkeit ist komplex – und einige unserer Eigenschaften sind angeboren. Die meisten davon sind aber veränderbar – sogar unsere Intelligenz. Niemand dürfte daran zweifeln, dass dies besonders für Eigenschaften wie Fleiss, Interesse und Durchhaltevermögen kommt. (Wie wir zu einer besseren Lernhaltung kommen, habe ich hier beschrieben.) Übrigens: Unser Interesse steigt häufig mit der Zeit, die wir in ein Thema investieren!

Tipp: Verbessere deinen Fleiss, indem du dich regelmässig fragst: «Habe ich mein Bestes gegeben?» Kümmere dich um Interesse. Frag dich: «Warum soll ich das lernen?» Wenn du darauf gute Antworten hast, fällt dir das Lernen leichter.

  • Aufmerksamkeit und Anstrengung. Aufmerksamkeit ist heutzutage ein äusserst knappes Gut – das erleben wir alle. (Über Fokus und Anstrengung habe ich hier geschrieben). Was die Anstrengung betrifft, können die meisten Lernenden noch ein klein wenig zulegen. Viele geben einfach auf, wenn die Sache «keinen Spass» macht. Lernen macht nicht immer Spass – aber Anstrengung macht sich oft bezahlt. (Aber: Vorsicht bei Perfektionismus – er kann das Lernen auch behindern. Warum, beschreibe ich hier.)

Tipp: Schütze deine Konzentration! Hänge 10 Minuten an, wenn es beim Lernen gerade gut läuft. Trainiere deine Willenskraft.

  • Wiederholung des Stoffes. Leider sind mir dazu keine offiziellen Statistiken bekannt, aber wenn ich von meinen eigenen Beobachtungen ausgehe, kann ich behaupten: Mangelnde Wiederholung ist in meiner Lernpraxis wohl einer der häufigsten Faktoren für Misserfolg. Ich verstehe das sehr gut – auch ich finde repetieren manchmal langweilig. Aber wichtig ist die Wiederholung unbedingt.

Tipp: Repetiere systematisch – zum Beispiel mit einer Lernkartei. Nimm dir genügend Zeit für die Prüfungsvorbereitung. Vieles musst du anwenden können, nicht bloss verstehen – das braucht Übung!

Wie Eltern ihre Kids und Teens dabei unterstützen können, ihren Anteil am Lernerfolg zu sehen:

Kinder und Jugendliche tendieren manchmal dazu, ihren Lernerfolg ganz äusseren Erfolgsfaktoren zuzuschreiben, über die sie keine Macht haben. Eine Topnote? Zufall. Eine schlechte Note? Ebenso Zufall.

Wichtig ist, dass Lernende verstehen, dass sie etwas beitragen können. Diskutieren Sie mit Ihren Kids darüber, welche Faktoren zum Erfolg oder Misserfolg beitragen können. Dafür können Sie die Kuchen-Methode anwenden:

  • Zeichnen Sie einen Kreis auf ein Blatt Papier.
  • Fragen Sie: «Was denkst du – was alles trägt zum Erfolg in der Prüfung bei? Wenn der einzelne Erfolgsfaktor ein Kuchenstück wäre – wie gross wäre dieses Stück?» (Streiten Sie dabei nicht um Prozente! Nutzen Sie das, was Sie oben erfahren haben, zum Argumentieren.)
  • Fragen Sie jetzt: «Welche Anteile kannst du beeinflussen?» (Selbst wenn die als beeinflussbar bezeichneten Anteile winzig klein sind (was sie in der Regel ja nicht sind) – es ist wichtig, zu erkennen, dass nicht alles von externen Faktoren abhängt, sondern gestaltet werden kann.)
  • «Was könntest du also in Zukunft mehr tun, was zu deinem Erfolg beiträgt?»
  • «Was hilft dir, das zu tun? Wie erinnerst du dich daran?»

Lernende, die erkennen, dass sie mitgestalten können, sind in der Regel motivierter. Und manchmal hat das durchaus auch einen positiven Effekt auf diejenigen Faktoren, die wir nicht beeinflussen können.

*Quelle: Gerhard Roth: Bildung braucht Persönlichkeit. Wie Lernen gelingt. Klett-Cotta

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  1. Pingback: Was gute Lernende besser machen - Katrin Piazza

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