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Was gute Lernende besser machen

«Gibt es etwas, was gute Schüler/innen besser machen als Du?» Diese Frage stelle ich meinen Klient/innen ganz gerne. In der Regel kommen solche Erklärungen:

  • «Sie sind talentiert.»
  • «Sie haben bessere Voraussetzungen (weil: andere Vorbildung, repetiert, Privatschule, zweisprachig, hochbegabt… ).»
  • «Ihre Eltern sind reich.»

Die Erklärungen, weshalb gute Schüler/innen gut sind, sind vielfältig und unendlich. Damit beschreiben sie aber Eigenschaften, die ausserhalb der Kontrolle ihres Besitzers liegen. «So geboren» – was kann man da tun? Wie praktisch, denn damit ist die Entschuldigung perfekt, selber nicht in die Gänge kommen zu müssen.

Was die Besten besser machen

Hier bringe ich dann jeweils Roger Federer ins Spiel: Hat er Talent? Ja, gewiss. Jemand hat das entdeckt, als er noch recht jung war. Ist er begabt? Nun – tatsächlich hat er ein gutes Los in der Genpool-Lotterie gewonnen. Die optimale Grösse für Tennisspieler ist angeblich 1.84 m. Und wie gross ist Roger Federer? Genau. 1.84 m. Wäre er nur 1.20 m gross, wäre er vielleicht ein bemerkenswert guter Tennisspieler geworden – aber bestimmt nicht auf Weltklasseniveau. War er motiviert, der Beste zu werden? Wahrscheinlich. Aber jetzt kommt die wirklich wichtige Frage: Was hat er getan, um Erfolg zu haben? Er hat trainiert. Ja, auch mit Talent bleibt einem das Trainieren nicht erspart. Und ich vermute mal, dass er besser als andere gelernt hat, die Langeweile auszuhalten, die stundenlanges tägliches Training mit sich bringt.

Kleine Gewohnheiten, die den Unterschied machen:

Also zurück zur Ausgangsfrage, die ja nicht wirklich beantwortet wurde: Was ist es, was gute Schüler/innen besser machen, um gute Noten zu erzielen? (Und Achtung: um ein guter Schüler oder eine gute Schülerin zu werden, muss nicht die ganze folgende Liste abgearbeitet werden! Meiner Erfahrung nach wird oft eine positive Entwicklung angestossen, wenn eine oder zwei der folgenden neuen Gewohnheiten aufgenommen werden. Wichtig ist dabei aber, sie nicht nur einmal, sondern über einen Zeitraum von einer oder zwei Wochen einzuüben. Ein Erfolgs- oder Fortschrittstagebuch kann dabei helfen.)

  • Regelmässig(er) üben, auch wenn sie Null Bock haben. «Keine Lust? Egal, muss halt sein. Ist ja eigentlich schnell gemacht.»
  • Langeweile und Frust bis zu einem gewissen Grad aushalten. Ja, manchmal ist Lernen auch langweilig. Gute Lernende finden Gründe, weshalb sie etwas trotzdem machen: «Ok. Das stinkt mir jetzt. Aber ich mache es trotzdem, weil…. » (Es geht hier nicht darum, sich selber permanent zu Dingen zu zwingen, die wirklich unangenehm sind. Nur die 15 Minuten Voci-Lernen täglich. Oder die 5 Mathe-Aufgaben.)
  • Fragen stellen. Warum, weshalb, wieso und wie? Gute Schüler/innen sind in der Regel neugierig. Weniger Gute denken: «Wen interessiert das schon?»
  • Im Unterricht Notizen machen. (Wie Du saugute Notizen machst, habe ich hier erklärt.)
  • Über ihr Lernen nachdenken. (Was klappt gut? Was könnte ich verbessern? Wovon sollte ich mehr machen? Wovon weniger?)
  • Automatisieren der Grundlagen und das Repetieren erleichtern. (Verbformen, Vocis, Formeln trainieren, bis sie auswendig sitzen. Hier im Detail erklärt.)
  • Früher anfangen, auf eine Prüfung zu lernen.
  • Abwechslung ins Lernen bringen. (Mit Lernpartnern lernen, zeichnen, erklären, erzählen, Erklärvideos drehen, sich selber einen Lückentext aufs Handy reden….)
  • Sich für Lernstrategien interessieren. (Zum Beispiel für schlaue Erklär-Videos wie dieses hier.)
  • Das tun, was in ihrer Kontrolle liegt – anstatt die Zeit mit Entschuldigungen zu vertrödeln. (Hier genauer beschrieben.)
  • Erkennen, wann sie Hilfe benötigen und sie dann auch holen.
  • Aus ihren Fehlern lernen. (Hier wird erklärt, wie Du aus Fehlern lernst.)
  • Die Arbeit des nächsten Tages erleichtern. Zugegeben, manchmal sind wir müde, demotiviert oder verausgabt. Doch es gibt Kleinigkeiten, die nicht viel Energie oder Zeit brauchen und doch einen grossen Unterschied mchen: den Schreibtisch aufräumen, die Sachen packen, Wichtiges bereitlegen oder sogar ein paar Fragen für die nächste Französisch-Stunde notieren – das alles braucht nicht viel Zeit, hilft jedoch, die Arbeit des nächsten Tages zu erleichtern.

Und was sind Deine Ideen dazu? Welche guten Gewohnheiten beobachtest Du an Dir oder an Deinen Schüler/innen? Diese Liste darf gerne noch länger werden…!

Tipps für Eltern: So hilfst Du Deinen Kids, es besser machen zu können

Schlaumeier sagen gerne: «Ich will doch kein Streber werden! Ich brauche keine Supernoten!» Worauf bei den Eltern dann gleich ein wahrer Rheinfall an Argumenten losbricht: «Du musst… du sollst…. wenn du doch… wenn du nicht endlich, dann….» Alles Argumente, die ihre Kiddos alle schon kennen. Und sogar auswendig!
Eltern sind gut beraten, in solchen Diskussionen mal die Strategie zu ändern. Statt dass sie ihre Sorgen, Ängste, Frustrationen, Erwartungen und Hoffnungen zum Ausdruck zu bringen, könnten sie Fragen stellen:

Bist Du denn zufrieden mit deiner Leistung? Entspricht die Bewertung dem, was Du kannst – oder könntest? Was willst Du in Deinem Leben erreichen? Reicht Dir dafür eine 4? Welche Möglichkeiten würde Dir eine 4.5 eröffnen? Was würde leichter werden? Welche Veränderung/Massnahme könnte Deine Situation erleichtern? Was müsstest du dafür tun? (Vorsicht: hoffen, beten, zittern – das sind alles auch Tätigkeiten, doch keine, die uns weiterbringen!) Was würde Dich weiterbringen – welcher kleine Schritt könnte eine positive Veränderung anstossen? Wie machen das andere? (Hier kann die obige Liste hilfreich sein, wenn gar keine Antworten kommen.)

Teenager möchten in der Regel ihren Eltern beweisen, dass sie alles wissen, alles können, mindestens so gut wie die Eltern sind oder sogar alles besser machen. Du machst Dir und Deinen Kids das Leben leichter, wenn Du ihnen hilfst, von selbst auf die richtigen Antworten zu kommen. Dies geschieht am besten durch: Weniger reden. Fragen stellen. Zuhören.

Übrigens: Ein Gespräch mit einem Teenager ist gut verlaufen, wenn der Teenager mehr spricht als die Eltern.