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Was das Repetieren einfacher macht

Eselsbrücken machen das Repetieren einfacher.

«Dieses Wort geht einfach nicht in meinen Kopf hinein», klagt ein 13-Jähriger über das französische Wort «compagne» (Gefährtin). Während wir miteinander darüber nachdenken, woran es ihn erinnert, fällt ihm das Wort «Kampagne» ein. Nun brauchen wir kein vertieftes sprachgeschichtliches Wissen, um zu erkennen, dass die Wörter einen gemeinsamen Ursprung haben. Mich erstaunt, dass er weiss, was eine Kampagne ist. «Ja», sagt er, «in der Werbung gibt es Kampagnen.» Und wie hilft ihm «Kampagne» jetzt, sich an «compagne» zu erinnern? «Jemand macht eine Kampagne und findet damit eine Gefährtin.» Eine Eselsbrücke ist geschaffen. Seine Eselsbrücke – denn sie funktioniert wahrscheinlich nur für ihn. Aber wie und warum funktioniert sie überhaupt?

Wissensnetze knüpfen statt stumpf repetieren

Nicht nur die Lernforschung, auch unser eigenes Gedächtnis bestätigt uns immer wieder: Neues Wissen hält besser, wenn es an schon bekanntes Wissen angeknüpft werden kann. Das weiss, wer mit Interesse lernt. Wenn ich schon sehr viel über Pflanzen weiss, bleibt auch das winzigste Detail über die Bestäubung einer Zucchiniblüte besser hängen, weil ich es einordnen kann. Im Idealfall können wir entscheiden, was wir lernen wollen – und unseren Interessen nachgehen. Weil die Welt aber keine ideale ist, müssen wir sehr oft – und vor allem in Schule und Universität – Dinge lernen und repetieren, die uns nicht die Bohne interessieren. Dann ist es umso wichtiger, dass wir den Informationen einen Sinn geben. Notfalls mit einer Eselsbrücke!

Wie Matthias Johler es in seinem (sehr empfehlenswerten!) Heft «Methodenkompetenz. Lerntechniken – Arbeitstechniken» sehr treffend formuliert: «Manche glauben, Lernen sei vergleichbar mit einem Fass, das gefüllt wird. Immer neues Wissen wird in das Fass bzw. Gehirn hineingefüllt. Dieser Vergleich ist allerdings sehr unpassend. Lernen ist viel eher mit dem Knüpfen eines Netzes vergleichbar. Neues Wissen wird dann an vorhandene „Wissensstricke“ angeknüpft. So entstehen immer neue Verbindungen und schliesslich ein grosses „Wissensnetz“.»

Netze knüpfen braucht Zeit….

Beim Schulstoff ist dieses Knüpfen der Wissensnetze in der Regel schon vorgesehen und wird im Unterricht gepflegt. Kein Kind wird mit Details des römischen Rechts oder der römischen Architektur konfrontiert, bevor es nicht erfahren hat, wer oder was die Römer eigentlich waren. Aber es kommt vor (spätestens auf der Oberstufe), dass sehr viel und auch ganz ungewohntes Wissen an den Schüler/die Schülerin herangetragen wird (ich denke an Chemie, Physik, Algebra…). Um da ein dichtes Wissensnetz aufzubauen, fehlt manchmal schlicht die Zeit. Das ist die Krux. Viele Kinder und Jugendliche, die ich coachen darf, versuchen in ihrer Not, einfach alles auswendig zu lernen. Viele lesen und repetieren alles so lange, bis sie Texte fast wortwörtlich hersagen können. Das ist nicht nur zeitraubend, sondern auch langweilig. Und tragischerweise nicht selten erfolglos.

… oder Technik

Es gibt Lerntechniken, die beim Knüpfen von Netzen besonders hilfreich sind. Eine davon ist die bereits erwähnte Eselsbrücke. Ich verknüpfe das Neue mit etwas, was ich schon kenne. Das muss objektiv nicht einmal sinnvoll sein. Vielleicht versteht niemand ausser mein 13-Jähriger Schüler, was «Kampagne» und «compagne» miteinander verbindet – aber er wird sich in der Prüfung daran erinnern.

Weitere Techniken, die Netze fördern:

  • Mindmaps, Clusters und Lernposter: Das Gelernte wird visuell in einer (netzartigen) gut einprägsamen Struktur dargestellt. Kleine Zeichnungen oder individuelle Zeichen (Pfeile, Blitze, Ausrufezeichen) tragen zusätzlich dazu bei, den Inhalt einprägsam zu machen. Was einprägsam ist, lässt sich leichter repetieren.
  • Tabellen, Diagramme, Grafiken. (Ich zeige älteren Lernenden jeweils die SmartArt-Grafiken in Microsoft Word: es handelt sich dabei um Listen, Prozesse, Zyklen, Hierarchien, die sich leicht in Texte einfügen lassen. Sie können zur Inspiration dienen, um Einzelinformationen sinnvoll zu ordnen – was sich wiederum leichter merken und repetieren lässt als ein Lauftext.)
  • Manche Schüler/innen mögen Geschichten: «Eric ist verliebt in Alice und startet eine ‘(Werbe)Kampagne’, um sie als ‘compagne’ zu gewinnen.»
  • Bilder: Wie die Lernexpertin Verena Steiner in ihrem (ebenfalls sehr empfehlenswerten) Buch «Lernpower» zeigte, können einzelne Informationen auch in ein Bild hineingeschrieben werden. In ihrem Beispiel nahm sie die Skizze eines Fuchses und schrieb einzelne Informationen in die verschiedenen Körperteile des Tieres. Später, beim Repetieren, erinnerte sie sich: «Information X steht in der Schnauze. Information Z im rechten Vorderbein….»
  • Darüber, was die Merkfähigkeit erhöht, habe ich hier schon ausführlich geschrieben.

Keine Zeit für Eselsbrücken? Dann musst Du länger repetieren!

«Sie – dafür habe ich doch gar keine Zeit! Ich habe noch sooo viel zu tun.» Das höre ich oft. Leider. Denn: Eine kleine Anfangsinvestition erspart enorm viel Zeit beim Repetieren. Was am Anfang gut eingeprägt oder im wahrsten Sinne „merkwürdig“ dargestellt wurde, ist bereits stärker im Gedächtnis verankert, als was nur flüchtig angeschaut wurde. Mit anderen Worten: Es lässt sich sehr viel einfacher repetieren – also wieder-holen – was ordentlich im Gedächtnis versorgt wurde. Ich sage jeweils: «Eine kleine, eigenhändig erstellte Zeichnung kann wie ein Etikett sein, an dem Du Deine Information rasch erkennst oder in der Prüfung aus dem hintersten Regal Deines Gehirns hervorziehen kannst.»

Oder, wie es der oben schon erwähnte Matthias Johler ausdrückt: «Üben und Wiederholen ist dann das Entlanggehen an diesen Stricken und Knoten bis man das Netz sicher beherrscht.»

Kurz gefasst, sage ich jeweils: «Fang nicht an zu repetieren, bevor Du den Stoff oder die einzelne Information nicht wirklich verstanden hast – und für Dich SINNVOLL gemacht hast! Wetten, das Repetieren wird einfacher?»

Tipp für Eltern:

Viele Kinder lassen sich (mehr oder weniger willig) abfragen. Das einseitige Abfragen (Eltern fragen – Kinder antworten) führt aber nicht selten zu Konflikten. Spätestens in der Pubertät, wenn die Eltern ohnehin immer alles besser wissen und es den Teens unangenehm ist, dass dies auch beim Lernen so ist. Besser: Lass Dein Kind aufzeichnen oder (strukturiert) erzählen, was es weiss. Beispielsweise könnt ihr gemeinsam ein Lernbild erstellen. Um ein zentrales Wort herum wird aufgeschrieben, was das Kind weiss. Was es NICHT weiss, kann gemeinsam nachgeschaut und noch ins Bild eingefügt werden (zum Beispiel in einer anderen Farbe)  – nicht nur ist das Abfragen so entspannter, auch weiss das Kind später in der Prüfung vielleicht eher, was es selbst gezeichnet hat. Was das Repetieren mit Lernkarten einfacher macht, habe ich hier erklärt.

1 Kommentare

  1. Pingback: Was gute Lernende besser machen - Katrin Piazza

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