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Lernkarten: Repetieren leicht gemacht

Lernkarten beim Lernen

In diesem Artikel werden folgende Fragen beantwortet:
– Warum soll ich mit Lernkarten lernen?
– Wie funktioniert das Lernprinzip mit den Karten?
– Wie erstelle ich eine wirklich gute Lernkarte?
– Worauf muss ich achten, wenn ich mit Lernkarten lernen will?
– Wie repetiere ich systematisch mit der Lernkartei?
– Sind Abfrage-Apps gleich gut wie Lernkarten aus Papier?
– Worauf sollten Eltern achten, wenn sie mit ihren Kindern mit Kärtchen lernen?

Lernkarten – warum sind sie so gut?

Die mit Abstand wirkungsvollste Lernstrategie (nach John Dunlovsky) ist die Selbstabfrage. Weiss ich es – oder nicht? Es gibt hier nur «Ja» oder «Nein». Ich weiss es? Prima! Ich weiss es nicht? Weiterlernen!

Eine gute Lernkarte reduziert die Information auf das Wesentliche – und bricht sie in eine Frage und eine Antwort herunter. Gerade weil das Karten-Prinzip so wirksam ist, bieten Verlage fertig produzierte Lernkarten-Sets an. Von den (aus meiner Sicht empfehlenswerten) Gymicards über Sprachlern-Sets bis hin zu komplexen Karten für diverse Studienfächer.

Wer mit Lernkarten repetiert, kann das Gekonnte rasch und klar vom zu Lernenden trennen. Und sich dann nur noch mit dem beschäftigen, was er oder sie noch nicht weiss. Das ist viel effizienter, als alles immer wieder zu lesen…

Wer sich angewöhnt, ein- oder mehrmals täglich das Gelernte zu repetieren, tut dem Gedächtnis einen grossen Gefallen. Ich sehe in meiner Lernpraxis oftmals einen grossen Leistungssprung, sobald mehr repetiert wird. Und die Kärtchen können ja überall hin mitgenommen werden. Selbst kurze Wartezeiten werden so zu Lernzeiten. Ausserdem empfinden es viele Schülerinnen und Schüler als «easy», ein paar Kärtchen zu repetieren – und fangen so auch lieber mit dem Lernen an oder nutzen sie sogar gezielt, um das Gehirn ins Lernen einzustimmen oder in Schwung zu bringen. (Was weiter hilft, um leichter anzufangen, habe ich hier beschrieben.)

Das Prinzip: Frage und Antwort

Die meisten Lernenden verwenden Karteikarten zum Lernen von Vokabeln. Vorne: Fremdwort, Hinten: Übersetzung. Doch grundsätzlich lässt sich (fast) jeder Lerninhalt in eine Frage und eine Antwort reduzieren. Was heisst auf Französisch „haben“? Klar: „avoir“. Damit steht vorne auf der Karte „haben“? und hinten auf der Karte: „avoir“.
Doch auch Mathe- oder Physikformeln, chemische Gleichungen, biologische oder historische Begriffe lassen sich sehr gut auf das Kartenformat reduzieren.

Grundsätzlich gilt: ZDF – also Zahlen, Daten, Fakten – lassen sich optimal auf Lernkarten reduzieren. Ebenso wie Fachbegriffe. Und gerade sie sind notwendig, um in einem Fach mitreden zu können (oder die Prüfungsfrage kurz und knapp zu beantworten).

Vorsicht bei Definitionen! Auch sie sollten möglichst kurz und knapp beantwortet werden – am besten in Stichwortform. Ein Beispiel:

Was ist Sonnenbrand?

Das Kinderlexikon antwortet so: «Sonnenbrand ist eine leichte Verbrennung der Haut. Sonnenbrand entsteht durch starke Sonnenstrahlen, genau genommen durch einen Teil des Sonnenlichts, nämlich die ultraviolette Strahlung.»

Es wäre falsch, diese Definition wortwörtlich auf die Rückseite der Karte zu schreiben – das verleitet zum Auswendiglernen – und damit in fast jedem Fall zu einer Überlastung des Arbeitsgedächtnisses. (Einmal abgesehen davon, dass Auswendiglernen langweilig ist!) Viel besser ist es, Stichwörter zu notieren und die dazu gehörenden Sätze selber zu formulieren. Beim Thema Sonnenbrand liessen sich sogar zwei Karten erstellen:

VorderseiteRückseite
Sonnenbrand?Verbrennung (leicht)
Haut
Wie entsteht Sonnenbrand?starke Sonnenstrahlen
(ultraviolette Strahlung)

Wie wird eine unschlagbar gute Lernkarte erstellt?

Das Clevere an der Lernkarte ist die Reduktion des Inhalts auf das maximal Notwendige. Hüte Dich also davor, Deine Lernkarte in winziger Schrift vollzuschreiben. Es ist viel besser, wenn du lange nachdenkst über den Lerninhalt und ihn dann selbst so reduzierst, dass du ihn anhand der Stichworte auf der Antwortseite der Karte wieder hersagen kannst.

Du kannst durchaus mehrere Inhalte auf einer Karte zusammenfassen – dann aber solltest du deine Karten mindestens im Format A7 wählen und dafür nur eine Seite nutzen. Ausserdem solltest du sie konsequent in der folgenden Form gestalten:

Fach: BiologieThema: Eichhörnchen
Lebensraum

Nahrung

Feinde

Wälder, Parklandschaften

Nüsse, Samen, tierisches Protein (Vogeleier etc.)

Katzen, Raubvögel

Ich bekenne: ich bin keine Eichhörnchen-Expertin! Es geht aber auch nicht so sehr um den Inhalt der Karte, als vielmehr darum zu zeigen, wie beim Erstellen der Karte die Informationen vorstrukturiert werden. All dies wird dadurch erleichtert:

  • Wichtiges von Unwichtigem trennen
  • wesentliche Informationen aus einem Text in Stichworte reduzieren
  • die Informationen grafisch klar strukturiert darstellen
  • sie leichter ins Gedächtnis packen.

Ein weiterer Vorteil einer so strukturierten Karte: Sie lässt sich leicht repetieren. Jeweils eine Seite der Karte abdecken und mich abfragen.

Braucht das Zeit? Jawoll. Und wie! Aber genau diese zeitliche und gedankliche Investition ist es, die das Repetieren dieses Inhalts mit der Lernkarte nachher so wirkungsvoll macht. Du hast Dir Gedanken gemacht, Du weisst den Inhalt – und du kannst ihn mit deiner Karte leichter repetieren.

Hier habe ich darüber geschrieben, wie man Begriffe leichter lernt: Artikel

Personalisiere deine Lernkarten durch Zeichnungen

Wenn Du gerne zeichnest oder auch nur kribbelst, dann solltest Du unbedingt deine Kärtchen so markieren, dass sie interessant werden – merkwürdig eben!

Es macht Dir vielleicht sogar Spass, bei der Karte «Eichhörnchen» ein paar Nüsse zu zeichnen oder die Schlafhöhle des putzigen Tiers. Alles, was Du selber zeichnest, prägt sich besser ein.

Doch auch wer nicht sehr gerne zeichnet, kann die Lernkarte durch ein paar grafische Elemente aufwerten: nutze Farben (sparsam), oder entwickle ein eigenes System von Hinweisen: Blitze, Ausrufezeichen, Stoppschilder… Der Phantasie sind hier keine Grenzen gesetzt.

Achte aber darauf, dass deine Karten nicht überladen und chaotisch wirken. Sie sollen überschaubar und einprägsam sein. Mach im Zweifelsfall lieber mehrere Karten statt nur einer, die total vollgeschrieben ist.

Die Rahmenbedingungen: ein paar Regeln

  1. Maximale Reduktion. (Investiere Hirnschmalz und vielleicht auch Zeichenkunst, um eine richtig gute Lernkarte zu erstellen.) Nimm auf keinen Fall eine kleinere Schrift oder grössere Karten – im Gegenteil, zwinge dich selbst durch das Format, deine Informationen oder Gedanken zu reduzieren.
  2. Das erste Abspeichern braucht am meisten Zeit und Energie. Bevor du mit den Karten zu repetieren beginnst, musst du dich mit dem Inhalt auseinandergesetzt haben. (Denke daran: Du bist kein Papagei. Stumpfes Auswendiglernen ist demotivierend.)
  3. Rate nicht herum. Der Trick der Karten ist, eine solide, unzerbrechbare Verknüpfung zwischen Frage und Antwort herzustellen: Fenster = fenêtre. Wenn du rätst, dann heisst es plötzlich: „Fenster = … table? porte? fenêtre?“ Damit ist der grösste Vorteil der Karte verschenkt. Wenn du eine Antwort nicht weisst, dann dreh die Karte nach 1 – 2 Sekunden einfach um und lerne wieder korrekt: „Fenster = fenêtre“. Jetzt steck diese Karte aber sogleich an die übernächste Stelle – repetiere das, was du weisst, gerade noch einmal. So hat es eine grössere Chance, sich einzuprägen.
  4. Nimm dir nicht zu viele Lernkarten auf einmal vor, wenn du damit repetierst. Lieber nur wenige (3 – 5) auf einmal in mehreren Durchgängen lernen. Kannst du diese ersten Karten, kannst du die nächsten drei dazunehmen. Mach dazwischen aber eine kleine Pause. Nichts ist öder (und übrigens auch nutzloser), als 50 oder 60 Karten auf einmal ins Hirn zu prügeln. Zugegeben: es ist gut möglich, dass du das Zeug am Ende am nächsten Tag in der Prüfung hersagen kannst. Aber wie ist es übermorgen? Alles weg!
  5. Nicht alle Inhalte eignen sich für Lernkarten. Wenn es darum geht, Zusammenhänge herzustellen oder etwas zu analyiseren, sind Lernkarten nicht unbedingt die beste Wahl.

Wie repetierst du systematisch mit der Lernkartei?

Hier kannst du eine genaue Anleitung für das systematische Lernen mit der Lernkartei herunterladen. Darin wird das Lernen von Vokabeln beschrieben – doch wie oben schon gesagt: Du kannst aus (fast) allen Inhalten Lernkarten erstellen. Anleitung

Sind Abfrage-Apps gleich gut wie Lernkarten aus Papier?

Ganz ehrlich? Ja! Quizlet, Card2Brain oder Memorize sind tolle Apps, die so konzipiert sind, dass sie gehirntechnische Abläufe beachten. Beispielsweise bringen sie diejenigen Inhalte öfter, die Lernende noch nicht so gut können.

Etwas gilt es jedoch zu beachten: Wer dazu neigt, vom Vokabeln-Lernen rasch via Klassenchat im YouTube-Video zu landen, sollte den Offline-Modus der App benutzen oder lieber gleich mit Papierkarten arbeiten.

Was sollen Eltern beachten, wenn sie mit ihren Kindern lernen?

  • Nehmen Sie möglichst neutrale Kärtchen ohne irgendwelche Illustrationen darauf. Je neutraler, desto besser.
  • Farbige Kärtchen lassen sich gut nutzen, wenn etwas sich einfach nicht lernen will… Beispielsweise bekommt ein schwieriges Wort dann eine rote Karte.
  • Sofern die Kinder nicht eine ausgeprägt schöne Handschrift haben und die Lernkarten gerne selbst herstellen, sollten Eltern sie für die Kinder (bis ca. 5. oder 6. Klasse) herstellen. Verwenden Sie dafür einen kontrastreichen Filzstift (z.B. schwarz oder dunkelblau) und schreiben Sie gross und leserlich.
  • Bitten Sie das Kind, sich beim ersten Einprägen möglichst viel Zeit zu nehmen. Vielleicht kann es eine Eselsbrücke für diesen Inhalt herstellen? Oder sich das Wort auf eine besondere Weise einprägen? Der erste Einprägedurchgang ist der wichtigste – hier also bloss nicht hetzen.
  • Bleiben Sie cool beim Abfragen. Kommentare wie «das hast du doch jetzt schon zwanzigmal geübt…» demotivieren. Besser: «Hey – das ist ja ein besonders schwieriges Wort. Das braucht eine Sonderbehandlung!» Sonderbehandlung heisst: öfter repetieren, auf eine rote Karte schreiben, durch eine Zeichnung ergänzen oder…
  • …machen Sie schwierige Inhalte besonders merkwürdig. Wetten, ein Kärtchen, das nach Senf oder Schokolade riecht, wird nie mehr vergessen? Oder das einen grossen pinkfarbigen Smiley bei der Antwort hat? Es lohnt sich, beim Lernen die Sinne einzubeziehen.
  • Lassen Sie beim Abfragen das Kind NICHT raten. Einer der Vorzüge der Karten ist, eine solide, unzerbrechbare Verknüpfung zwischen Frage und Antwort herzustellen. Wenn das Kind rät, ist der grösste Vorteil der Karte verschenkt. Wenn das Kind eine Antwort nicht weiss, wird die Karte nach maximal 2 Sekunden einfach umgedreht. Danach wird diese Karte aber gleich an die übernächste Stelle platziert. So repetiert das Kind etwas gleich noch einmal – und weiss es jetzt. Besonders schön: Dadurch wird das Lernen überraschend leicht.