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Rechtschreibung verbessern

Rechtschreibung ist für Kinder gar nicht so leicht.

«Dein Aufsatz hätte eine glatte 6 verdient. Doch wegen der vielen Fehler kann ich dir nur eine 5 geben.» Autsch. Ich war fünfzehn, als ich diesen Kommentar unter einem Aufsatz las. Mein kluger Lehrer kannte meinen Ehrgeiz, was Aufsätze betraf. So weckte er mein Interesse für Orthografie und Grammatik nachhaltig. Eigentlich sonderbar, warum es bei mir so lange dauerte. Denn von der 4. bis zur 6. Primarklasse liess uns unser damaliger Lehrer jede Woche einen Voci-Test schreiben. Dafür wurde ein kleines Wörterbüchlein in drei Jahren von A bis Z durchgearbeitet. So wusste ich zwar, wie „Coiffeur“ oder „parallel“ zu schreiben war. Beim Aufsatzschreiben geriet ich jedoch so in Schwung, dass ich darüber alles vergass. Vor allem die Rechtschreibung.

Rechtschreibung: Wie und wann lernen?

Die Frage, wann der richtige Zeitpunkt für Rechtschreibung ist, ist gar keine einfache. Meine eigenen Kinder durften damals nach dem Prinzip «erst einmal schreiben lernen» ihre Texte so verfassen, wie sie für sie richtig klangen. Mir machten die zwar lustig, aber kreuzfalschen Wörtchen eher Sorgen. «Hauptsache, sie schreiben. So lernen die Kinder, ihre Gedanken frei auszudrücken.» Das war damals der pädagogische Ansatz. Die korrekte Schreibweise würde dann später – ab der 5. Klasse – eingeübt. In vielen Kantonen ist das offenbar heute noch so.

Was ist einfacher? Von Anfang an richtig oder später umlernen?

Sollen Kinder

  • Wörter von Anfang an richtig schreiben und so diese richtige Schreibweise einüben?
  • Wörter erst jahrelang nach Gehör schreiben und dann später umlernen?

Meine eigene, eingangs erwähnte Anekdote würde für die zweite Version sprechen: Es braucht Einsicht, vielleicht auch Sprachwissen und Erfahrung, um den Wert der Rechtschreibung zu erkennen. Der Unterschied zu heute: Damals wurde mir diese Entwicklungszeit offenbar zugestanden.

Unwichtig, bis es plötzlich zu spät ist?

Als Lerncoach beobachte ich, dass das leidige Thema Rechtschreibung auf später und immer später verschoben wird. Bis es dann plötzlich vorausgesetzt wird – beispielsweise bei einer Aufnahmeprüfung in eine Mittelschule, beim Start ins Studium oder ins Berufsleben. Und da fehlt dann die Übungszeit.

Ein Beispiel: Vor kurzem durfte ich einen Sekundarschüler begleiten, der auf die Aufnahmeprüfung an eine Mittelschule lernte. Seine Aufsätze hatte er in letzter Zeit jeweils am Computer schreiben dürfen. Der Lehrer riet seinen Schülern, das Korrekturprogramm zu benutzen, um aus den eigenen Fehlern zu lernen. Das ist grundsätzlich ein sehr guter Rat. Doch der Junge steht jetzt vor der Aufnahmeprüfung in die Mittelschule – und dort muss er seinen Aufsatz von Hand schreiben und ohne Korrekturhilfe. Was jetzt?

Aus dieser und ähnlichen Erfahrungen plädiere ich heute dafür, dass den Kindern das Thema Rechtschreibung frühzeitig – oder zumindest: früh genug! – nahe gebracht wird.

Rechtschreibung verbessern – gar nicht so leicht

Als Journalistin konnte ich mich früher darauf verlassen, dass jemand vom Korrektorat meinen Text auf seine Richtigkeit überprüfte. Aus gutem Grund! Sich intensiv mit dem Inhalt eines Textes zu beschäftigen, ist eine ganz andere Sache, als ihn auf Fehler zu prüfen. Für Kinder ist es erst recht schwierig, sich beim Schreiben auf verschiedene Bereiche gleichzeitig zu konzentrieren: Den Gedanken in Worte fassen, die Hand führen, das Wort schreiben und es dann auch noch auf seine Richtigkeit prüfen… Das ist eine wirklich komplexe Herausforderung!

Wie schwierig es ist, die eigenen Fehler zu erkennen, habe ich hier schon einmal beschrieben. Etwas vom Allerbesten, was sich Lernende angewöhnen können, ist dies: Jeden Satz sofort nach dem Schreiben überprüfen – Wort für Wort. «Was bist du für ein Wort? Ein Adjektiv, weil -ig am Ende. Also klein.» (Worterkennung wird in der fünften oder sechsten Klasse geübt.)

Diese Art der Kontrolle funktioniert beim Schreiben eines Aufsatzes aber nur bedingt. Deshalb gibt es da nur eines: Unbedingt Zeit einplanen, um am Ende den ganzen Text noch einmal in Ruhe durchgehen. (Um meinen eigenen Fehlern besser auf die Spur zu kommen, lasse ich Texte heute meistens etwas «ruhen» – mindestens eine Nacht lang. Und betrachte sie am nächsten Tag mit mehr Abstand. Aber auch so erwische ich leider nicht immer jedes i-Tüpfelchen.)

Rechtschreibung verbessern – das hilft:

Üben:

  • Wie so oft beim Lernen steht die Motivation im Zentrum. Ist mir die Rechtschreibung wichtig? Dann investiere ich Zeit und Anstrengung. Also nehme ich mir beispielsweise vor: Täglich 10 Minuten Rechtschreibtraining. Das kann am Arbeitsplatz passieren, zuhause oder unterwegs. Hauptsache: Ein realistisches, messbares Ziel. Es gibt in der deutschen Sprache 169 Rechtschreibregeln. Wenn ich jeden Tag drei lerne, bin ich in etwa 56 Tagen durch. (Wahrscheinlich sogar sehr viel schneller, denn von den 169 dürften mir doch einige geläufig sein.)
  • Benutzen Sie im Alltag für Briefe, Mails, Berichte etc. ein Korrekturprogramm. Korrigieren Sie Ihre Texte dann aber wirklich so lange, bis sämtliche Markierungen verschwunden sind.
  • Schreiben Sie viel. Briefe, E-Mails, Tagebuch, einen Blog… Wichtig ist, sich selbst zu korrigieren oder den Text von jemandem lesen zu lassen, der/die sattelfest in Grammatik und Orthografie ist.
  • Führen Sie Ihre eigene Fehlerliste oder -kartei. Notieren Sie darauf die Wörter, die Sie regelmässig falsch schreiben. Markieren Sie mit einer Leuchtfarbe die potentielle Fehlerstelle. Also zum Beispiel: «Eigentlich» oder «vielleicht».
  • Lesen Sie viel.

Mit Hilfsmitteln oder einem guten Coach

  • Schaffen Sie sich ein gutes Lehrbuch an. Zum Beispiel dieses hier: Duden Crashkurs Rechtschreibung.
  • Freunden Sie sich mit einem guten Wörterbuch an. Mein Lieblingswerkzeug ist das «Wahrig Wörterbuch der deutschen Sprache» weil es zum einzelnen Wort viele Informationen und Anwendungsbeispiele bietet. Doch ein herkömmlicher Rechtschreib-Duden in Taschenbuchformat leistet ebenfalls gute Dienste. Blättern Sie konsequent nach, was Ihnen zweifelhaft erscheint. Oder nutzen Sie die Online-Version des Duden. Am Anfang mag Ihnen dieses häufige Nachschlagen mühsam erscheinen, doch Sie werden mit der Zeit besser darin.
  • Gönnen Sie sich einen Coach. (Ich helfe Ihnen gerne dabei, Ihre Rechtschreibung zu verbessern.)

Tipps für Eltern

Am Anfang steht immer die Motivation

Was ist das Wichtigste, was Eltern oder andere Bezugspersonen in Bezug auf das Lernen überhaupt tun können? Den Wunsch im Kind wecken, etwas zu lernen. Das gilt auch für die Rechtschreibung: Warum ist es wichtig, Wörter richtig zu schreiben? Finden Sie konkrete Beispiele aus Ihrem Alltag oder Berufsleben, wo Rechtschreibung eine wichtige Rolle spielt. (Wie seriös wirkt ein Kundenberater oder eine Bewerberin, wenn in ihren Briefen viele Fehler stecken? Wie wichtig ist es für Ärzte und Pflegende, Medikamentennamen korrekt zu schreiben? Welchen Schaden können eine fehlerhafte Anleitungen oder Gebrauchsanweisungen anrichten? Wie viele Fehler dürfen sich Polizisten in ihren Berichten leisten? Sie finden bestimmt noch viel überzeugendere Beispiele!)

Genau hinschauen – wo liegt die Schwierigkeit?

Unterziehen Sie die Texte Ihrer Kids einer gründlichen Fehleranalyse. Wo macht er/sie die häufigsten Fehler? Erfahrungsgemäss macht die Gross-/Kleinschreibung am meisten Mühe, gefolgt von Dehnungen (sehnen) und Verdoppelungen (benennen). Es ist motivierender, ein Einzelthema anzupacken, als gleich global «deine Rechtschreibung» verbessern zu wollen.

Wenn Üben – dann richtig!

Einen interessanten Ansatz wählt Gero Tacke in seinem Buch «Das 10-Minuten-Rechtschreibtraining»: Er geht davon aus, dass rund 20 % der Fehler von Kindern und Jugendlichen auf 100 gebräuchliche Wörter zurückzuführen sind. Lohnt es sich also, diese 100 Wörter zu kennen und richtig anzuwenden? Auf jeden Fall!

Wichtig für Eltern ist zu wissen, dass beim Üben weniger oft mehr ist. Sich Sonntage lang mit den Sprösslingen hinzusetzen und Rechtschreibung zu pauken, ist langfristig meist kontraproduktiv. Es vermiest den Kids das Lernen mit den Eltern nachhaltig. Beim Üben gilt: lieber kurz, dafür häufig. Eine sehr schöne Beschreibung eines praktikablen 10-Minuten-Programms finden Sie auf der Seite «Mit-Kindern-lernen». Fabian Grolimund (Mitbegründer des Unternehmens) erklärt hier in seinem Video sehr anschaulich, wie die Rechtschreibregeln richtig trainiert werden.

Lernmittel für motivierte Jugendliche

Mit Jugendlichen ab Oberstufe benutze ich gerne das Buch «Intelligente LRS-Schüler Lernprogramm» zu dem es auch einen Elternratgeber gibt (Intelligente LRS-Schüler – Elternratgeber). Auch hier braucht es natürlich eine Investition an Zeit und Anstrengung. Das Buch kann von vorne bis hinten oder auch themenweise abgearbeitet werden. Es bietet ausreichend Übungsmaterial samt Lösungen. Motivierte Oberstufenschüler/innen können es auch alleine bearbeiten.

Hilft alles nichts? Dann helfe ich gerne. Schreiben Sie mir eine Mail an info@katrinpiazza.ch. Gerne bespreche ich mit Ihnen, wie Ihnen oder Ihrem Kind geholfen werden kann.