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Ein gutes Lernklima herstellen

Ohne positives Lernklima geht gar nichts
Ohne positives Lernklima geht gar nichts

Ein gutes Lernklima ist Voraussetzung fürs Lernen

Ohne gutes Lernklima geht gar nichts

Wie wichtig ein konstruktives Lernklima ist, weiss ich aus eigener (schmerzlicher) Erfahrung. Aus der Zeit, als ich auf die Matura lernte, ist mir eine Situation noch deutlich in Erinnerung: mein damaliger Freund und ich sitzen am Tisch, er hat sich extra Zeit genommen und gibt sich jede erdenkliche Mühe, mir Mathe zu erklären – und was tue ich?  Ich bocke. Ich finde kein besseres als dieses schweizerdeutsche Wort, um zu erklären, was ich damals tat: Bocken. Kopf runter, Hörner in Position, Stellung halten, keinen Millimeter nachgeben – wie ein Steinbock im Kampf mit seinem Rivalen.

Rückblickend tut mir mein hilfsbereiter Freund leid: Er wollte mir doch helfen! Aber ich konnte diese Hilfe nicht annehmen. Das Lernklima stimmte nicht. Aus verschiedenen Gründen:

  • Mein Selbstwertgefühl war bedroht: «Er kann das und ich nicht.» (Gerade in engen Beziehungen können solche Gefühle stark stören. Was erklärt, warum Freunde oder Eltern nicht immer die besten (Nachhilfe)Lehrer sind!)
  • Ich fühlte mich hilflos und hatte wahrscheinlich die Zuversicht verloren, überhaupt je auf einen grünen Zweig zu kommen.
  • Innerlich war ich mit der «Warum»-Frage beschäftigt. «Warum muss ich dieses langweilige Zeug überhaupt lernen? Ich werde nie im Leben Mathematik studieren!»
  • Sehr wahrscheinlich war ich auch ein kleines bisschen faul: Ich wollte Mathe können – aber nicht den mühseligen Weg gehen, Mathe zu lernen.

Eines ist klar: Diese in schlechter Stimmung verbrachte Zeit war verlorene Zeit. Denn: Wer bockt, kann nicht lernen. Punkt.

Ein gutes Lernklima herstellen – so geht’s:

Heute weiss ich, dass es besser ist, diese für alle Beteiligten unnötige Quälerei lieber zu lassen. Respektive: Wenn gelernt wird, erst dafür zu sorgen, dass die Atmosphäre stimmt – dass die Person, die lernen möchte/sollte, sich überhaupt aufs Lernen einlässt.

Die folgenden Schritte können dazu beitragen, ein konstruktives Lernklima herzustellen:

  • Bei Widerstand gibt’s ein Time-Out. Sobald das «Bocken» oder «Mauern» erkennbar ist oder gefühlt wird, wird erst einmal abgebrochen. Aber ohne Schuldzuweisungen! So etwa: «Du – ich glaube das ist jetzt nicht mehr konstruktiv. Wollen wir uns kurz eine Pause nehmen und nachher einen neuen Versuch wagen?» Oder: «Uff – das alles fühlt sich ganz schön schwer an – ich brauche mal einen Moment, um mich abzukühlen.»
  • Manchmal hilft es, den Raum oder die Situation an sich angenehmer zu machen. Schwieriges erledige ich zum Beispiel heute am liebsten in meinem Lieblingssessel direkt am Fenster. Bei langwierigen, komplexen Aufgaben gönne ich mir eine kleine Belohnung, etwa eine Schüssel Heidelbeeren – jedes Mal, wenn etwas erledigt ist, gibt’s eine Beere.
  • Geduld bringt Rosen! Die Person, die lernen sollte/möchte möglichst geduldig ermutigen und dabei immer auf das konzentrieren, was zu tun ist: Du kannst das, wenn….(du Schritt für Schritt vorgehst; zuerst etwas Leichtes machst; zuerst einmal schaust, was Dir noch nicht klar ist etc.) Das ist für alle Beteiligten sehr viel angenehmer, als Ratschläge wie: «Jetzt trödle doch nicht so» oder «Es wäre doch ganz einfach, wenn du nicht…»
  • Warum-Frage klären und Ziele in Erinnerung rufen. Warum sollst/möchtest du das eigentlich lernen? «Alles, was Du je gelernt hast, steht Dir für immer zur Verfügung» – «Es ist ein tolles Gefühl, etwas zu können. Weisst Du noch, wie stolz du warst, als Du XY geschafft hattest? Dieses Gefühl kannst du auch diesmal wieder haben.» «Ja, Mathe kann ganz schön schwierig sein – aber für diesen Abschluss wird das halt verlangt.»
  • Zuerst wieder ein Gefühl von «ich kann das» herstellen. Dafür eine Aufgabe nehmen, die noch bewältigt werden kann. Oftmals hilft es, wenn der oder die Lernende erst einmal aufzählt oder erklärt, was er/sie alles noch weiss oder bereits verstanden hat. Erst danach darf man sich schwierigeren Aufgaben zuwenden.

Erst, wenn das Lernklima positiv ist, kann tatsächlich gelernt werden. Vorher sind wir mit (inneren) Konflikten beschäftigt. Zugegeben: Dieses Vorgehen erfordert Zeit und Geduld. In der Regel ist es aber gut investierte Zeit: Wenn am Ende doch noch (ein bisschen) Lernen möglich ist, ist das besser als nichts. Und das Anfangen gelingt das nächste Mal auch besser – denn soooo schlimm war es ja gar nicht!