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Aufgaben leichter erledigen – auch wenn sie nerven

Wir alle haben Aufgaben, Aktivitäten oder Übungen, die uns nerven, nicht wahr? Sei es, weil sie zu schwierig oder zu einfach sind, sei es, weil sie grundsätzlich unangenehm sind. In meiner Lernpraxis teilen sich Französisch-Vokabeln und Mathe-Aufgaben diesbezüglich den ersten Platz. Und was haben Sprache- und Mathe-Lernen gemeinsam? Genau: Wir werden besser darin, wenn wir es häufiger tun – und das Gegenteil gilt auch: Je weniger wir uns damit beschäftigen, desto schwerer fällt uns das. Wie schaffen wir es, nervige Aufgaben schneller und häufiger zu erledigen?

Auf Erkenntnis folgt nicht immer Handlung

Interessanterweise sind es gerade diese kleinen, täglichen Portionen Üben, die vielen meiner Klienten Mühe bereiten. «Formeln repetieren? Ach – das kann ich auch noch morgen machen.» «So ein paar Wörtchen heute – das macht doch eh‘ keinen Unterschied.» «Nur eine Aufgabe? Die fällt doch gar nicht ins Gewicht.» Wer so denkt, unterschätzt die Wirkung kleiner Handlungen. Dabei wird unser Lernen (und Leben?) massgeblich von dem bestimmt, was wir häufig tun!

Die Erkenntnis, dass das Ungeliebte schlicht und ergreifend erledigt werden MUSS (für eine gute Franz- oder Mathe-Note), führt leider gar nicht so häufig dazu, dass es auch tatsächlich GETAN wird. Schliesslich wurde das Aufschieben seit längerem trainiert – und gut eingeübte Gewohnheiten hängen an uns wie die Kletten.

Wie denkst Du über Deine (ungeliebten) Aufgaben?

Etwas fällt mir bei vielen meiner Klienten auf: Sie erledigen eine ungeliebte Aufgabe und denken sofort an die nächste, noch Unerledigte: «Puh – immer noch soooo viel vor mir.» Damit verbinden sie gleich zweimal negative Gedanken mit der ungeliebten Tätigkeit. Einmal in der Zeit, bevor sie sich überhaupt an die Aufgaben machen – was oftmals mit schlechtem Gewissen verbunden ist: «Ich sollte doch noch XY machen…» Das ist nicht die beste Voraussetzung dafür, sich voller Schwung und Elan an eine ungeliebte Aufgabe zu machen! Und dann folgt die zweite Portion negativer Gefühle: Direkt nach der Ausführung – eben, indem gleich das angeschaut wird, was noch zu erledigen ist. Auf diese Weise wird das, was tatsächlich erledigt wurde, abgewertet – oder regelrecht: entwertet. Erledigt – vergessen.

Das muss nicht sein.

Aufgaben leichter erledigen – in 4 Schritten

Die folgenden vier Schritte helfen dabei, Ungeliebtes leichter zu erledigen. Gratis dazu gibt es sogar noch einen Bonus: Wenn Du diese Schritte oft genug mit einer Lernaktion verbindest, gewöhnst Du Dir eine gute Lerngewohnheit an. Und Gewohnheiten erleichtern uns das Leben, indem sie uns von (mühsamen, energieraubenden) Entscheidungen befreien.

Schritt 1: Triff eine bewusste Entscheidung für Deine Aufgabe

Nicht alle sehen auf Anhieb ein, dass sie in Mathe oder Franz auf keinen grünen Zweig kommen, wenn nicht regelässig geübt wird. Hier hilft es, folgende Fragen ehrlich zu beantworten: Kannst Du es Dir (weiterhin) leisten, nicht zu üben? Wie steht es in einem halben Jahr um Deine Kenntnisse, wenn Du (weiterhin) nichts tust? Bist Du zufrieden mit Deiner Leistung – und wirst Du es weiterhin sein, auch wenn Du weiterhin nicht übst? Manchmal lautet die Antwort 3 x «Ja.» Dann ist nichts zu machen. Manche Lerndende können sich das Nicht-Lernen tatsächlich leisten – zumindest eine Zeitlang. Wenn aber auch nur eine der Antworten «Nein» lautet, steht die Türe ein wenig offen für eine bewusste Entscheidung für das notwendige Tun: «Ja, ich sollte wirklich XY (mehr) tun.» Ach ja? Prima. Dann triff jetzt gleich eine bewusste Entscheidung: «Ich übe/repetiere/lerne ab jetzt täglich.» Oder: «Einmal pro Tag Mathe – ohne Wenn und Aber.» Oder: «Mein Instrument soll täglich erklingen – und wenn auch vielleicht nur für ein paar Momente.»

Ist es damit getan? Leider nein, denn wie oft folgen auf unsere guten (!) Absichten keine Handlungen? Zu oft. Deshalb lohnt es sich, auch Schritte 2 bis 4 zu beachten.

Schritt 2: Setze ein Anfangssignal.

Wann genau wirst Du das Unangenehme tun? Kinder warten in der Regel einfach auf die Ansage: «Lern jetzt deine Franz-Wörtli!» Übrigens: Erstaunlich viele Jugendliche tun das auch immer noch – obwohl sie zunehmend Unbehagen empfinden, dass ihre Eltern «ihnen ständig sagen, was sie zu tun haben». So oder so: Ein Anfangssignal hilft, um überhaupt in die Gänge zu kommen.

Hier ein paar Ideen für clevere Anfangssignale:

– einen (einzigen!) Auftrag an sich selbst auf einen Post-it-Zettel schreiben (zB. 10 neue Wörtli plus die von gestern repetieren)
– „die goldene Minute“ einrichten: ich tue etwas jeden Tag um dieselbe Zeit (und entlaste mich damit vom lästigen Entscheidungsk(r)ampf: „Soll ich – jetzt – oder lieber später – oder doch jetzt?“
– den Anfang direkt an eine andere Tätigkeit anschliessen, die täglich passiert (z.B. nach dem Abendessen/Zvieri/Zmittag, direkt nach dem Einsteigen in den Bus, in jeder Wartezeit etc.)
– ein externes Anfangssignal wie z.B.: wenn die nächste Tram vorbei fährt/der Nachbarshund bellt/es zu regnen beginnt/draussen Kinder schreien etc. fange ich an
– sich einen inneren Ruck geben: 3 – 2 – 1…. Los geht’s!
– einen eigenen Motivationsspruch erfinden: «Laura, wenn du das schaffst, bist Du Superwoman des Tages!» «Pedro, Du wirst Meistermathematiker, wenn Du so weitermachst!» «Es gibt nichts Gutes, ausser man tut es.» Wichtig ist dabei eine Haltung von: «Doof – aber muss sein.»
– eine Erinnerung (z.B. Küchenuhr, Wecker, Timer auf dem Smartphone etc.)
– die Absicht formulieren (z.B. jemandem gegenüber aussprechen oder kurzer Eintrag ins Lerntagebuch)
– ein Anfangsritual (z.B. eine Tasse Tee, fünfmal tief Ein- und Ausatmen, ein Power-Lern-Lied abspielen und/oder dazu tanzen; 10 Hampelmänner/Liegestützen/Kniebeugen etc.; eine Kerze anzünden).
– sich an den Arbeitstisch setzen oder einen Arbeitsraum betreten

Schritt: Setze ein Stopp-Signal für ungeliebte Aufgaben

Um ungeliebte Aufgaben leichter zu erledigen hilft es, sich vor Augen zu führen, wie lange sie dauern sollen oder dürfen. Nicht wenige Lernende verbringen UNENDLICH viel Zeit damit, über ihren Büchern zu brüten. Kein Wunder, versuchen sie in Zukunft (unbewusst?), dieser Tätigkeit aus dem Weg zu gehen. Wer wählt schon freiwillig eine solche Quälerei? Viel besser ist es, sich selbst eine Grenze zu setzen – und innerhalb der gesetzten Grenzen das Ganze effektiver anpacken.


Hier ein paar Ideen für gute Stopp-Signale:

– den Post-it-Zettel mit dem Auftrag an eine «Wall of Fame» oder «Erledigt-Wand» hängen. (Einem meiner Klienten machte es Spass, seinen Auftrag auf einen grossen Zettel zu schreiben und diesen nach Erledigung zu zerknüllen und in den Papierkorb zu werfen – dadurch kam ein spielerisches Element in die Aufgabe, was ihn zusätzlich motivierte).
– Wecker/Timer (von Anfang an bestimmen, wie lange eine Tätigkeit dauern soll. Oftmals führt eine Verknappung der Zeit zu mehr Effizienz. Aber Achtung: Wer sich davon gestresst fühlt, sollte eine andere Methode wählen.)
– jemandem darüber berichten, dass etwas erledigt wurde (und sich gemeinsam freuen)
– das Erledigte ins Lern-Tagebuch schreiben
– ein «Geschafft»-Powerlied abhören/abtanzen
– einen Punkt auf einer Liste ganz bewusst (genüsslich) abhaken
– den Arbeitsplatz verlassen
– zu einer bestimmten Uhrzeit aufhören (egal, ob alles erledigt wurde oder nicht – am Anfang ist es oftmals wichtiger, überhaupt etwas zu erledigen und sich damit gut zu fühlen)
– etwas Sichtbares herstellen (eine junge Klientin malte jedes Mal, wenn sie an ihrer Abschlussarbeit weiter gearbeitet hatte, eine Blume auf einen Post-it-Zettel und verschönerte damit eine langweilige Schrankwand in ihrem Arbeitszimmer).

Vorsicht mit To-Do-Listen: Manche Lernende nehmen sich viel zu viel vor und sind dann regelässig frustriert, wenn sie „wieder nur die Hälfte geschafft“ haben. Auch so wird das, was tatsächlich geleistet wurde (nämlich 50 %) entwertet. Das Arbeiten produziert wiederum negative Gefühle. Wer dies immer wieder erlebt, tut gut daran, EINE (einzige) Aufgabe zu formulieren und sie bewusst und achtsam – nach den hier beschriebenen 4 Schritten – abzuarbeiten.

Schritt 4: Belohne Dich (angemessen) für erledigte Aufgaben.

Ich bin eine überzeugte Befürworterin von Belohnungen – die übrigens gar nicht materiell sein müssen. Kaum ein vernunftbegabtes Wesen tut irgend etwas, ohne etwas dafür zu erhalten, nicht wahr? Nun muss beim Lernen oft lange auf den tatsächlichen Lohn (eine bessere Fähigkeit, eine bessere Note oder gar einen Abschluss) gewartet werden. Wer sich nicht regelmässig zwischendurch belohnt, erleidet also eine (mitunter sehr) lange Durststrecke ohne jegliche Belohnung. Umso wichtiger ist es, sich für das Erledigen einer ungeliebten Tätigkeit sofort und ausgiebig zu belohnen. Auf diese Weise werden mit der Aktion positive Gefühle verknüpft. Diese wiederum helfen uns, beim nächsten Man leichter anzufangen. Also – was immer es ist, was Dir Mühe macht: Feiere Dich ausgiebig, wenn Du es geschafft hast.

Hier ein paar Ideen für Belohnungen:

– ein kleiner gesunder Snack
– ein Erfrischungsgetränk (Wasser hält das Gehirn geschmeidig)
– ausgiebiges Lob (doch doch, Eigenlob ist super – und stinkt überhaupt nicht. Sieht ja keiner, oder? Klopf Dir ausgiebig auf die Schultern! Stell Dich vor den Spiegel und gib Dir Luftküsse! Umarme Dich! Überschütte Dich mit Wertschätzung – denn wer tut es, wenn nicht Du selbst?)
– ein Punkt auf Deiner Belohnungskarte (manchmal motiviert es, auf eine grössere Belohnung hin zu arbeiten – und wenn Du Dir jedes Mal einen Punkt für etwas Erledigtes gibst, verschaffst Du Dir das schöne Gefühl, auf gutem Weg zu sein)
– male Dir einen Orden in Dein Lern-Tagebuch (oder hänge ihn zu den anderen, die schon über Deinem Bett hängen und Dich zufrieden einschlafen lassen)
– Hast Du einen Lern-Buddy? (Hoffentlich!) Wie wär’s, wenn Du mit ihm/ihr ein paar tägliche Ziele vereinbarst und Ihr Euch gegenseitig feiert, wenn sie erreicht wurden?

Wer einmal die gute Wirkung von Eigenlob entdeckt hat, wird süchtig danach! Ganz clevere Lernende überschütten sich förmlich mit guten Gefühlen, indem sie die zu erledigenden Aufgaben kleiner und kleiner machen. 10 Wörtli gelernt – YEAH!! 10 repetiert – YEAH!!! Eine Mathe-Aufgabe: YEAH, YEAH, YEAH. Kommt Dir das kindisch vor? Hoffentlich nicht. Versuch’s einfach mal. Wetten, Du hast mehr Spass dabei, als wenn Du stundenlang mit dem Lernstoff abhängst und dabei Gedanken durch Deinen Geist spazieren wie: «Ich schaff’s nicht. Es ist einfach zu viel. Egal, was ich mache – es ist nie genug. Immer noch so viel zu tun. Hört das denn nie auf?» DU bestimmst, welchen Gedanken in Deinem Kopf Du wie viel Raum gibst!